Schäden beim Beladen des Autos – wer ist dafür verantwortlich?
Es ist eine Alltagssituation, die sich auf vielen Parkplätzen abspielt: Nur kurz den Einkaufwagen am Pkw abgestellt, um den Kofferraum vollzupacken und schon rollt der Einkaufswagen los und prallt gegen einen anderen Pkw. Schäden beim Beladen sind keine Seltenheit, sondern passieren tagtäglich bei vielen verschiedenen Gelegenheiten.
Vielleicht sind Sie schon selbst einmal in einer solchen Lage gewesen: Ein Windstoß weht die angelehnte Autotür weit auf und sie knallt gegen das daneben geparkte Fahrzeug. Beim Manövrieren des sperrigen Einkaufskorbs durch die engen Parkzwischenräume schrabbt dieser versehentlich gegen einen fremden PKW. Oder der Einkaufswagen macht sich, wie bereits erwähnt, selbstständig und beschädigt ein parkendes Fahrzeug. In solchen Fällen müssen Sie immer warten, bis der betroffene Fahrzeughalter zu seinem Auto kommt. Wenn Sie sich klammheimlich entfernen, kann das sogar als Unfallflucht ausgelegt werden.
Wer kommt für die Schäden beim Beladen auf?
Hier gilt ganz klar das Verursacherprinzip: Wer den Schaden angerichtet hat, muss auch dafür aufkommen. Nun sind Kratzer im Lack eines anderen Autos keine Bagatelle, denn hier können schnell Kosten im vierstelligen Bereich auftreten. Zahlen Sie nicht, kann das unter Umständen auch irgendwann zu einer Anklage und Vollstreckung führen. Damit das nicht passiert, benötigen Sie einfach nur den passenden Versicherungsschutz:
- Kfz-Versicherung: Diese leistet, wenn Sie Ihr eigenes Fahrzeug beladen und dabei einen Schaden an einem anderen Fahrzeug verursachen. Das trifft auch für den Fall zu, wenn Sie ein fremdes Fahrtzeug beladen. Dann zahlt die Kfz-Versicherung des betreffenden Halters.
- Privathaftpflicht: In leistungsstarken Tarifen übernimmt die Privathaftpflicht diese Schäden beim Beladen eines Autos. Allerdings gilt das nicht für jeden Tarif, denn in alten Verträgen ist eine solche Klausel nicht verankert.
Was sind typische Schäden beim Beladen des Autos?
Der Klassiker ist tatsächlich der Einkaufswagen, der sich beim Beladen des Autos selbstständig macht. Mit beiden Händen werden die Einkäufe in den Kofferrum verfrachtet und irgendwann gerät der Einkaufswagen ins Rollen. Schnell ziert eine Schramme das daneben parkende Fahrzeug. Daneben gibt es noch viele weitere Umstände, durch die es zu einem Schaden kommen kann – das muss nicht immer beim Beladen sein:
- Die Einkaufstasche ist gut gefüllt und passt mit Ach und Krach beim Beladen zwischen zwei Fahrzeuge. Es kommt zu einem Kratzer am Nachbarfahrzeug.
- Eines der Kinder reißt beim Einsteigen ins Auto die Tür so weit auf, dass diese gegen das Nachbarfahrzeug prallt.
- Beim Verstauen von Einkäufen auf der Rückbank wird die Seitentür durch einen Windstoß aufgeweht und prallt gegen ein daneben parkendes Auto.
Alle Fälle weisen eine Gemeinsamkeit auf: Die Schäden sind im Zusammenhang mit der Nutzung eines Kraftfahrzeuges entstanden. Und da liegt jetzt die Problematik für viele Fahrzeughalter: In den meisten Fällen leistet nicht die Privathaftpflicht für den Schaden, sondern die Kfz-Versicherung muss herhalten. Das liegt daran, dass die Nutzung des Autos im Spiel ist. Versicherungen sprechen hier von der sogenannten Benzinklausel.
Was bedeutet die Benzinklausel für den Versicherungsschutz?
Schäden beim Beladen des Autos geschehen bei der Nutzung des Fahrzeuges. Die Nutzung ist schon damit gegeben, wenn eine Tür oder der Kofferraum geöffnet ist, um beispielsweise ein- oder auszusteigen oder das Fahrzeug zu beladen. Dabei muss noch nicht einmal der Motor laufen.
In diesem Fall greift die Privathaftpflicht nicht, denn durch die sogenannte Benzinklausel sind diese Schäden im Zusammenhang mit der Nutzung des Autos ausgeschlossen.
Der Ärger, der daraus resultiert, trifft immer den Fahrzeughalter, der die Kfz-Versicherung zahlt. Denn mit dem Kratzer am Nachbarauto ist es zu einem Haftpflichtschaden gekommen, für den der Fahrzeughalter einstehen muss. Dann springt de Kfz-Versicherung ein und bezahlt den Schaden. Im ersten Schritt so weit in Ordnung, im zweiten Schritt wird allerdings der Schadenfreiheitrabatt zurückgestuft und die Versicherung wird auf Jahre hinaus wieder teurer. Das ist auch dann der Fall, wenn zum Beispiel der Beifahrer kein Angehöriger des Fahrzeughalters ist. Bezahlen muss immer die Haftpflichtversicherung des Fahrzeughalters.
Entsprechend hat das Amtsgericht Frankfurt am Main (Az.:301 C 769/03) in einem Fall eines herrenlosen Einkaufswagens entschieden, dass die Kfz-Versicherung für den Schaden an einem anderen Fahrtzeug aufkommen muss. Der Halter des Fahrzeugs hat den Einkaufswagen losgelassen, um den Kofferraum mittels Schlüssel zu entriegeln. Dabei ließ er den Einkaufswagen los, der daraufhin wegrollte. Das Amtsgericht Frankfurt vertritt übrigens auch die Ansicht, dass die Kfz-Versicherung auch dann hätte leisten müssen, wenn jemand anders mit diesem Fahrzeug den Schaden beim Beladen ausgelöst hätte.
Unterschiedliche Rechtsprechung zu Schäden beim Beladen
Problematisch ist, dass sich niemand darauf verlassen kann, dass die Rechtsprechung hierzu ein Grundsatzurteil sprechen wird. So befassen sich in der Regel die verschiedenen Amtsgerichte oder Landgerichte mit der Frage, welche Versicherung nun für einen Beladeschaden aufkommen muss.
So urteilte zum Beispiel das Amtsgericht München (Az.: 343 C 28512/12), dass in einem vergleichbaren Fall nicht die Kfz-Versicherung für den Schaden aufkommen müsse, sondern die Privathaftpflicht. Die Begründung la, dass sich beim Wegrollen des Einkaufswagens und beim Beladen nicht die typische Gefahr eines Kraftfahrzeuges ergeben habe. Das Fahrzeug war weder in Bewegung noch lief der Motor. Zwar musste der Fahrer haften, da er den Schaden ausgelöst hatte, das aber über seine Privathaftpflicht und nicht über die Kfz-Versicherung. Glück für ihn, denn dadurch behielt er seinen Schadenfreiheitrabatt in der Kfz-Versicherung.
Lösung der Versicherungswirtschaft
Da solche Schäden beim Beladen eines Autos oder auch beim Ein- und Aussteigen sich regelmäßig ereignen, müssen sich entsprechend häufig die Gerichte mit der Frage nach der Schadenregulierung beschäftigen. Das bedeutet also Unsicherheit für den Schadenverursacher und auch für den Fahrzeughalter.
Um diese Problematik zu entschärfen, haben die Haftpflichtversicherer die Leistungen der Privathaftpflicht in den vergangenen Jahren nachhaltig verbessert. Denn das Risiko war hoch, dass ein solcher Schaden immense Folgekosten aufwirft.
Im Rahmen der Privathaftpflicht sind in neuen Tarifen Schäden im Zusammenhang mit der Nutzung von Kraftfahrzeugen mitversichert. Diese sind auch konkret definiert, so dass verständlich ist, wann die Privathaftpflicht leistet und wann nicht:
„Versichert ist die gesetzliche Haftpflicht des Versicherungsnehmers als privater wegen Schäden, die Dritten beim Beladen oder Entladen seines Kraftfahrzeuges oder Kraftfahrzeug-Anhängers entstehen.“
Überprüfen Sie mal, ob sich dieser Passus in Ihren Versicherungsbedingungen befindet. Wenn das der Fall ist, brauchen Sie solche Schäden nicht über Ihre Kfz-Versicherung abwickeln. Ist Ihre Privathaftpflicht hingegen älter, macht ein Wechsel auf aktuelle Tarife auf alle Fälle Sinn - zumal die Beiträge bei neuen Tarifen ohnehin günstiger sind.