Wasserschäden durch undichte Fugen

Leitungswasserschäden sind die häufigste Schadensursache im Bereich der Gebäudeversicherung. Etwas mehr als jeder zweite Schaden geht auf die Kappe von auslaufendem Wasser. Dabei handelt es sich in vielen Fällen um undichte Leitungsrohre teilweise aufgrund von veralteter Gebäudesubstanz. In manchen Fällen kommt es auch zu Wasserschäden durch undichte Fugen, zum Beispiel in Duschwannen.
Mittlerweile ist das Spektrum von Schadensursachen immens groß. Immer häufiger müssen die Gerichte klären, was tatsächlich zu einem Leitungswasserschaden gehört und was nicht. In der Vergangenheit wurden die Versicherungsbedingen großzügig zu Gunsten der Versicherungsnehmer ausgelegt. In einem aktuellen Fall hat sich die Versicherung nicht kulant gezeigt. Darüber kam es zum Rechtsstreit. Der Bundesgerichtshof hat nun entschieden, dass Wasserschäden durch undichte Fugen kein Fall für die Gebäudeversicherung sind (BGH IV ZR 236/20).
Warum sind Wasserschäden durch undichte Fugen kein Versicherungsfall?
Diese Frage musste der Bundesgerichtshof klären und kam zu der Entscheidung, dass durch die Bedingungen zur Gebäudeversicherung in diesem Fall keine Unklarheiten zu Lasten der Verbraucher auftreten. Die Entscheidung basiert auf den folgenden Fakten:
- die Gebäudeversicherung leistet für Leitungswasserschäden
- Leitungswasser tritt generell aus Rohren aus
- Leitungswasser kann auch aus Armaturen austreten
- tritt das Leitungswasser unkontrolliert aus, handelt es sich um einen Leitungswasserschaden
- gelangt Wasser aus der Duschwanne über undichte Fugen in das Mauerwerk ein, liegt kein Wasserschaden vor
- die Fugen sind nämlich nicht mit dem Rohrnetz oder wasserabgebenden Armaturen verbunden
Bei Betrachtung der Versicherungsbedingungen wird deutlich, warum die Gebäudeversicherung nicht für Wasserschäden durch undichte Fugen aufkommen muss.
Welcher Schaden liegt dem Urteil zugrunde?
Das Thema Wasserschäden durch undichte Fugen basiert auf einem Schadensereignis, bei dem ein betroffener Hauseigentümer gegen seine Gebäudeversicherung auf Schadensersatzzahlung geklagt hatte.
Über eine undichte Silikonfuge ist Wasser aus dem Bereich einer Dusche ins Mauerwerk des Gebäudes eingedrungen. Im Laufe der Zeit entwickelte sich ein Wasserschaden, der schlussendlich Sanierungskosten von rund 18.000 Euro aufwarf. Zunächst hatte das Landgericht Aschaffenburg dem Kläger recht gegeben.
In der zweiten Instanz schwächte das Oberlandesgericht Bamberg die Schadensersatzleistung ab und hielt eine Leistung von etwa 4.600 Euro durch die Gebäudeversicherung für angemessen. Nachdem beide Parteien hier keine Einigung erzielen konnten, landete der Fall vor den Bundesgerichtshof. Der entschied nun, dass Wasserschäden durch undichte Fugen nicht im Rahmen der Gebäudeversicherung abgedeckt sind.
Welche Wasserschäden sind überhaupt versichert?
Regenwasser oder Wasser durch über die Ufer tretende Gewässer sind keine Leitungswasserschäden!
In der Gebäudeversicherung sind sogenannte Leitungswasserschäden und Bruchschäden versichert. Leitungswasserschäden entstehen dann, wenn Leitungswasser aus
- Rohren der Wasserversorgung
- den mit den Rohren verbundenen Einrichtungen wie Schläuchen
- wasserführenden Armaturen
- Heizungs- und Klimaanlage
- Löschwasseranlagen oder Wasserbetten und Aquarien
Vereinfacht gesagt handelt es sich dabei um Wasser, das irgendwo aus einer Leitung, einem Rohrsystem oder einem wasserführenden Gerät wie Spülmaschine austritt, wo es eigentlich nicht austreten darf. Für diese Fälle leistet die Gebäudeversicherung.
Das Urteil zum Thema Wasserschäden lässt sich also unter dieser Betrachtung relativ einfach erklären: Wasser tritt aus einem Duschkopf aus, fließt in die Duschwanne und gelangt über eine undichte Fuge in das Mauerwerk.
- das Wasser ist also nicht entgegen seiner Bestimmung irgendwo ausgelaufen
- das Wasser wurde stattdessen in der Duschwanne aufgefangen
- eine Verbindung zwischen Duschkopf und Duschwanne ist leitungstechnisch nicht gegeben
Damit ist es kein Leitungswasserschaden.
Welche Wasserschäden sind ebenfalls nicht versichert?
Neben Wasserschäden durch undichte Fugen gibt es eine Reihe von Szenarien, bei denen Wasser eine Rolle spielt, aber nicht versichert ist. Dazu gehört zum Beispiel:
- Spritzwasser aus dem Waschbecken, etwa wenn die Kinder mal aus Jux die Hand unter den Wasserhahn halten
- Planschwasser aus der Badewanne, wenn jemand darin beispielsweise Schiffe versenken spielt
- Putzwasser durch umgefallene Wassereimer
- Regenwasser beim Eintritt über Gebäudeöffnungen wie Fenster
Irrglaube zu Silikonfugen
Nebenbei sei noch angemerkt, dass sich der Wasserschaden über eine undichte Silikonfuge ereignet hat. Wer sich mal die Mühe macht und sich mit der DIN 18634 befasst, die die Abdichtung von Feuchträumen behandelt, wird darin nicht einmal den Begriff der Silikonfuge finden. Das liegt schlicht und ergreifend daran, dass eine Silikonfuge keine Dichtungsfuge, sondern lediglich eine Sichtfuge ist.
Wie gehen Versicherer mit Wasserschäden durch undichte Fugen um?
Vorweg gesagt: Die deutschen Versicherer sind besser als ihr Ruf. Das Urteil des Bundesgerichtshofes lässt darauf schließen, dass sich die Gebäudeversicherer daran klammern und Wasserschäden durch undichte Fugen nicht übernehmen. Das ist aber nicht der Fall, denn viele Versicherer haben bereits dazu Stellung bezogen und bleiben bei der bisherigen Praxis, solche Schäden tatsächlich auch zu bezahlen. So reagieren die Gesellschaften auf das Urteil (Stand Mai 2022 auszugsweise):
Allianz: Der größte Versicherer Deutschlands bleibt bei seiner bisherigen Praxis und wird auch weiterhin die Schäden durch undichte Fugen übernehmen.
Alte Leipziger: Hier erfolgt eine Differenzierung bei den versicherten Objekten. Bei Einfamilienhäusern liegt die Erstattung im Schadensfall bei bis zu 10.000 Euro, bei Mehrfamilienhäusern bis zu 5.000 Euro.
Baloise (vormals Basler): Leitungswasserschäden, die sich durch eine undichte Fuge ereignen, werden auch weiterhin als bestimmungswidriger Leitungswasseraustritt bewertet, auch wenn es an einer Verbindung mit dem Leitungswassernetz fehlt.
DOMCURA: Im Einfamilienhaus-Konzept sind solche Schäden nach wie vor gedeckt. Dabei passt die DOMCUA ihr Bedingungswerk an, um dem Verbraucher hier Rechtssicherheit zu gewähren. Das geschieht, obwohl aus Sicht der DOMCURA keine Verbindung mit dem Rohrleitungsnetz besteht.
HDI: Entgegen der Praxis vieler anderer Gebäudeversicherer folgt die HDI dem Urteil des Bundesgerichtshofes und wird künftig die Regulierung von Wasserschäden durch undichte Fugen aussetzen. Das Urteil sei eindeutig und lasse keine Handlungsspielraum in der Schadensregulierung zu.
InterRisk: Hier sieht sich der Versicherer ganz klar in der Rolle, für seinen Kunden Transparenz zu schaffen. Er wird Schäden durch undichte Fugen in se Deckungskonzepte mit aufnehmen – entgegen dem Urteil.
R+V Versicherung: Hier differenziert der Versicherer bei der Nutzungsart von Gebäuden. Während bei Wohngebäuden Wasserschäden durch undichte Fugen weiterhin als versichert gelten, fallen Schwimmbäder oder Wellness-Bereiche nicht unter diese Regelung.
Fazit zum Urteil des Bundesgerichtshofes:
Das Urteil des BGH ist als logisch zu betrachten, da Wasser, das über undichte Fugen in die Bausubstanz eindringt, kein Leitungswasserschaden ist. Es fehlt tatsächlich an der Voraussetzung, dass es sich um Leitungswasser handelt. Es ist lediglich eine Wasseransammlung in der Duschwanne oder auch in einer Badewanne, die dort vom Zweck her auch hingehört.
Positiv zu bewerten ist aber, dass viele Versicherer innerhalb ihrer Gebäudeversicherung auch weiterhin auf solche Schäden reagieren und das Urteil nicht zu Lasten der Verbraucher anwenden.
Die genannte Aufstellung der Versicherer bleibt unverbindlich. Wir können auf der Basis dieses Urteils nur empfehlen, dass Sie sich mit dieser Frage an Ihren Gebäudeversicherer wenden und Klarheit schaffen. Daraus ergeben sich mehrere Optionen:
- Ihre Gebäudeversicherung trägt Wasserschäden durch undichte Fugen
- Sie wechseln innerhalb Ihrer Gebäudeversicherung auf aktuelle Bedingungen, die diese Form von Schäden umfasst
- Ihr Versicherer trägt solche Schäden nicht. In dem Fall bietet sich ein Vergleich zur Gebäudeversicherung an, um hier gezielt einen Tarif mit einer Abdeckung von Wasserschäden durch undichte Fugen zu ermitteln: Jetzt vergleichen
Gerade in Häusern älterer Baujahre müssen Sie verstärkt damit rechnen, dass Fugen in Badezimmern und der Dusche langsam, aber sicher Undichtigkeit zeigen und Feuchtigkeit oder laufendes Wasser darüber in die Bausubstanz eindringt. Hier besteht einerseits Handlungsbedarf bei der Erneuerung solcher Fugen und andererseits bei der der Anpassung der Gebäudeversicherung.