Räumpflicht im Winter: Wer muss den Gehweg vom Schnee befreien?

Dass der Winter Schnee mitbringt, ist nichts Neues. Dennoch fragen sich viele Hausbesitzer Jahr für Jahr, wer bei Schnee und Eis eigentlich den Gehweg vor dem Haus freischaufeln muss, sodass dort keine Fußgänger stürzen. Wir verraten Ihnen gern mehr über die Räumpflicht im Winter und wie Sie sich am besten absichern.
Räumpflicht liegt bei den Hauseigentümern
Während die Kommunen den Winterdienst für Straßen und Radwege abdecken, fällt in den meisten Fällen die Räumpflicht für Gehwege auf die Hauseigentümer zurück, deren Grundstück an den Gehweg grenzt. Entweder muss der Eigentümer zur Schneeschaufel greifen, weil er dort selbst wohnt oder er kann die Räumpflicht an seine Mieter weitergeben. Das bedeutet: Der Mieter eines Einfamilienhauses muss dann generell bei Schnee draußen fegen. Bei einem Mehrfamilienhaus muss der Winterdienst auf alle Parteien umgelegt werden. Ausnahmen gibt es, wenn einer der Mieter aufgrund seines Alters oder seiner Gesundheit nicht in der Lage ist, draußen Schnee zu schippen.
Wer haftet, wenn jemand vor dem Haus auf Glatteis stürzt?
Kommt ein Fußgänger auf dem Gehweg vor Ihrem Haus zu Fall, weil dieser nicht gründlich oder gar nicht von Eis und Schnee befreit wurde, stehen Sie als Hauseigentümer in der Haftung. Schließlich sind Sie Ihrer gesetzlichen Verpflichtung zum Streuen oder Räumen nicht nachgekommen. Verletzt sich ein Fußgänger durch einen Sturz, so steht ihm Schmerzensgeld zu. Darüber hinaus kann die Krankenkasse die Erstattung der ärztlichen Versorgung zurückfordern.
In beiden Fällen können Sie sich als Hauseigentümer absichern. Bei einem Einfamilienhaus reicht die Privathaftpflicht vollkommen aus. Sind Sie Eigentümer eines Mehrfamilienhauses, benötigen Sie eine Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht. Das gilt auch dann, wenn Sie Teil einer Eigentümergemeinschaft sind. Diese kann genauso in Haftung genommen werden wie ein einzelner Hauseigentümer.
In welchem Zeitraum muss der Schnee geräumt werden?
Die Streupflicht ist bei den meisten Städten und Gemeinden in der Ortssatzung geregelt. In der Regel müssen Sie den Gehweg werktags um 7 Uhr sowie an Feier- und Sonntagen gegen 8 Uhr oder 9 Uhr räumen. Bei entsprechender Witterung sogar mehrfach am Tag. Können Sie Ihrer Räumpflicht aufgrund Ihrer Arbeit oder einer Erkrankung nicht nachkommen, müssen Sie Nachbarn, Freunde oder Verwandte um Hilfe bitten. Im Umkehrschluss gilt für Fußgänger: Sie müssen in der Zeit zwischen 20 Uhr abends und 7 Uhr morgens damit rechnen, dass Gehwege vereist sind und erhöhte Rutschgefahr besteht.
Hier müssen Sie Schnee und Eis entfernen
Generell erst einmal auf dem Gehweg vor dem Haus. Hier müssen zwei Personen nebeneinander laufen können. Die Ortssatzungen sprechen hier in der Regel von einer Breite von mindestens 1,50 Meter. Danach ist der Weg zum Haus dran. Denken Sie immer daran, dass Briefzusteller, Paketboten oder Besucher Anspruch auf Schadensersatz haben, wenn ihnen etwas auf dem Weg zu Ihrem Haus passiert. Bei Mehrfamilienhäusern müssen Sie veranlassen, dass die Wege zu Mülltonnen oder Garagen gestreut werden.
Für Fußgänger gilt erhöhte Aufmerksamkeit: Ist ein Gehweg geräumt und es sind dennoch kleine Eisfläche sichtbar vorhanden, so muss der Fußgänger da einen kleinen Bogen herummachen. Ein Ausrutscher auf einer tellergroßen Eisfläche rechtfertigt keinen Schadensersatz, wenn der Gehweg ansonsten frei ist.
Zum Streuen dürfen Sie nur Split oder Sand verwenden, diese Mittel sind weitestgehend umweltverträglich. Leider ist Streusalz nur den Kommunen selbst zum Streuen vorbehalten. Streusalz dürfen Sie nur dort einsetzen, wo mit normalem abstumpfendem Streugut keine Wirkung mehr zu erzielen ist, wie auf ansteigenden Flächen. Übrigens: Holzspäne eignen sich nicht zum Streuen von Gehwegen, da sie Feuchtigkeit aufsaugen und es dadurch noch glatter wird.
Wie sieht es mit der Räumpflicht in der Rechtsprechung aus?
Der Bundesgerichtshof hat 2012 entschieden, dass eine Räumpflicht nicht für einzelne glatte Flächen besteht. Ist auf dem Weg zu einem Haus lediglich eine Fläche von ca. 20 x 30 Zentimeter vereist, löst das noch keine Räumpflicht aus. Es handelt sich nicht um eine allgemeine Glättebildung, von der eine ernsthaft drohende Gefahr ausgeht (BGH, Az. VI ZR 138/11). Diese Entscheidung hat der Bundesgerichtshof im Jahr 2017 noch einmal bekräftigt, als ein Fußgänger auf einer ca. 1 x 1 Meter vereisten Fläche gestürzt ist, ohne dass eine allgemeine Glättebildung vorlag (BGH, Az. VI ZR 254/16).
Mal eben den Schnee auf das Nachbargrundstück schippen, um den ungeliebten Nachbarn eins auszuwischen? Das kommt tatsächlich vor, löst aber bei ein bis zwei Schaufeln Schnee einschließlich des darin befindlichen Splits noch lange keinen Schadensersatzanspruch aus. Den verlangte nämlich ein Grundstückseigentümer von seinem Nachbarn. Die abenteuerliche Begründung: Durch die zusätzlichen Häufchen Schnee könne sich bei Einbruch des Frühjahres die Begrünung schlechter entfalten. Dem konnte sich das Amtsgericht München beim besten Willen nicht anschließen (AG München, Az. 213 C 7060/17).
Ein Unfall außerhalb der gesetzlich geregelten Streupflichten löst keinen Schadensersatz aus, auch wenn der Anschein besteht, dass zuvor der Räumpflicht nicht ordnungsgemäß nachgekommen wurde. In diesem Fall muss nämlich der Geschädigte den Beweis antreten, ob der zu beklagende Grundstückseigentümer seine Pflichten verletzt hat. Außerhalb der Räumpflicht ist es als Lebensrisiko zu werten, wenn Gehwege vereinzelt noch vereist sind (OLG Koblenz, Az. 3 U 1261/14).
Müssen auch Hausdächer vom Schnee befreit werden?
Ja, in der Tat. Und zwar unabhängig davon, dass eine größere Schneelast auf dem Dach auch gleichzeitig die Statik des Hauses gefährden kann. Befindet sich die Dachschräge zur Straßenseite, können je nach Wetterlage größere Bahnen Schnee oder Eis auf den Gehweg fallen. Verletzungen von Menschen und Beschädigung von an der Straße parkenden Autos sind da vorprogrammiert.
Als Hauseigentümer müssen Sie hier ebenfalls Verkehrssicherheit schaffen. Da sich Eiszapfen oder Schneebretter nicht von jetzt auf gleich entfernen lassen, müssen Sie ein Warnschild für Fußgänger aufstellen. Eine Absperrung des Gehweges ist nur dann zulässig, wenn Sie das Dach nicht sofort räumen können. Mit anderen Worten: Auf das Tauwetter warten und den Gehweg mehrere Tage sperren ist nicht drin. Bevor Sie sich selbst sich aufs Dach begeben, sollten Sie das Unterfangen lieber einem Dachdecker überlassen. Das kostet zwar mehr, dient letztendlich jedoch Ihrer Sicherheit. Schutzfanggitter müssen Sie nur an Häusern in Regionen mit hohem Schneefallrisiko anbringen.
Kommt es in „schneearmen“ Gebieten zum Abrutschen einer Dachlawine, die auf ein Auto prallt, so trägt den Fahrzeughalter unter Umständen eine Mitschuld. Im Winter muss er genau hinschauen, wo er sein Fahrzeug abstellt (LG Detmold, Az. 10 S 121/10). Hier greift die Räumpflicht für Schnee nur nachrangig.
Mieter von Einfamilienhäusern können vom Vermieter die Pflicht auferlegt bekommen, Eiszapfen oder Schneebretter zu entfernen. Ein Mieter muss also auch darauf achten, dass vom Gebäude keine Gefahr für die Öffentlichkeit ausgeht (AG München, Az. 433 C 19170/11). Allerdings nur im zumutbaren Rahmen, ansonsten muss der Eigentümer einen Dachdecker anfordern. Bei Mehrfamilienhäusern lässt sich diese Pflicht nicht auf die Mieter umlegen, anders als bei der Räumung des Gehweges. Hier muss der Vermieter selbst Vorkehrungen treffen.